Einer der ersten, der sich über den Ausgang der Bundestagswahl in Deutschland freute, war in Italien Matteo Salvini, Chef der ausländerfeindlichen Partei Lega Nord. Vor allem der Erfolg seiner «Verbündeten» von der Alternative für Deutschland (AfD) gefiel ihm. Die Journalisten, die die AfD als «rassistisch, faschistisch, Nazis, ausländerfeindlich, euroskeptisch, nationalistisch und gefährlich» beschrieben, seien «ignorant». Salvini spürt nach dem AfD-Erfolg Rückenwind. Nach Österreich, wo auch ein Rechtsruck bei den anstehenden Wahlen im Oktober erwartet wird, müssen die Italiener spätestens im Frühjahr 2018 wählen. Umfragen sehen die Lega Nord derzeit mit rund 15 Prozent als drittstärkste politische Kraft - wie die AfD in Deutschland.

Die Debatte darüber wird allerdings in Italien anders geführt, denn rechte Parteien sitzen seit langem im Parlament. «Die Lega ist in Italien eine fest etablierte Kraft auf allen politischen Ebenen: auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene», sagte Caroline Kanter von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rom. «Man muss aufpassen, Vergleiche zu ziehen. Denn die AfD hat eine andere Entstehungsgeschichte als zum Beispiel die Lega Nord.» Im Parlament sitzt die Partei derzeit mit 19 Abgeordneten.

«Offene rechte Flanke»

Die Lega entstand aus Kritik am großen italienischen Nationalstaat vor etwa 30 Jahren, gegen den Faschismus hat sie sich mehrmals öffentlich ausgesprochen. Am Anfang setzte sie sich vor allem für eine Abspaltung des (reichen) Nordens vom (armen) Süden ein. «Das Thema Nord gegen Süd ist mittlerweile nicht mehr so prominent», so Kanter. Seit Salvini der Partei im Zuge der Flüchtlingskrise eine immer ausländer- und islamfeindlichere Ausrichtung gegeben hat, stiegen die Umfragewerte. In den wirtschaftsstarken Regionen Venetien und Lombardei stellt die Lega sogar die Regionalpräsidenten.

Besonders besorgniserregend für die gemäßigten Konservativen wie die Forza Italia von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi: Die Forza wird mittlerweile rechts von der Lega überholt. Auch das erinnert an die Diskussion um eine «offene rechte Flanke» bei der CDU, die bei der Bundestagswahl stark verloren hatte. «Es gibt ein Potenzial in der Mitte der Gesellschaft, das die etablierten Parteien nicht erreichen», sagt Kanter.

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Wer die AfD in Deutschland gewählt hat.

Der nächste Gradmesser für die Parlamentswahl wird die Regionalwahl auf Sizilien am 5. November sein, schreibt die Denkfabrik Tank Teneo. Hier sei die Forza bereit, zusammen mit der Lega und der Rechtspartei Fratelli d'Italia eine Allianz einzugehen, um das rechts-konservative Lager zu mobilisieren.

Noch immer Verehrung des «Duce»

«Deutschland und Italien unterscheiden sich grundlegend: Ihre Wirtschaftskraft, ihr unterschiedliches Gewicht in Europa, ihr Umgang mit der Vergangenheit, was in Deutschland immer noch wie ein großes kollektives psychologisches Trauma gesehen wird», sagte der italienische Politikprofessor Marco Tarchi. Schuldgefühle aus der Vergangenheit spielten in Italien dagegen eine geringere Rolle. «Das kann auch erklären, warum für die AfD das Thema Nationalstolz so wichtig sein könnte, und für die Lega andere Themen.»

Die kritische Auseinandersetzung mit der faschistischen Vergangenheit der Zeit von Diktator Benito Mussolini (1883-1945) scheint für manche Italiener nicht allzu wichtig zu sein. Der «Duce» wird zum Teil noch offen verehrt. Mussolini-Tassen sowie Hitler-Torten und Hakenkreuze findet man problemlos in Ladenregalen. Ende Oktober will die neo-faschistische Partei Forza Nuova in Rom einen Marsch zum Gedenken an Mussolinis Machtübernahme abhalten. Erst vor kurzem hatte das Parlament darüber abgestimmt, dass faschistische Propaganda künftig strafbar ist - einen Straftatbestand, den es in Deutschland seit langem gibt.

Von Annette Reuther

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