Brüssel - Geplant war eigentlich ein großer Wurf, oder zumindest ein mittelgroßer. Ziel ist, den Euro besser gegen Krisen zu wappnen und das Vertrauen der Bürger und Anleger in die Währung zu stärken. Doch beim EU-Gipfel am Freitag werden die Reformen der Eurozone eher kleinteilig. Zwar haben Deutschland und Frankreich nach monatelangen Verhandlungen nun endlich eine gemeinsame Linie. Nur: Längst nicht alle Euro-Partner können sich mit den Ideen aus Paris und Berlin anfreunden. Vieles wird erstmal vertagt.

EIN HAUSHALT FÜR DIE EUROZONE

Die kühnste Idee, die Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron nach ihrem Treffen auf Schloss Meseberg vor zehn Tagen präsentierten, ist der «Haushalt für die Eurozone». Für Macron ist das ein zentraler Punkt. Er will eine wirtschaftliche Angleichung der Länder, die ihre Währung teilen. Eine echte Wirtschaftsunion war ja bei Einführung des Euro auch vorgesehen. Nach der Erklärung von Meseberg soll ab 2021 mit einem solchen Haushalt «die Wettbewerbsfähigkeit, Annäherung und Stabilisierung in der Eurozone» gefördert werden. Einzelheiten - um wie viel Geld geht es und woher kommt es und wie wird es ausgegeben? - ließen die beiden bewusst offen, offiziell, um die übrigen Euro-Partner nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die ziehen aber trotzdem vorerst nicht mit. Der Vorschlag taucht in den vorgesehenen Gipfelbeschlüssen nicht auf. Merkel sagte am Donnerstag im Bundestag, die deutsch-französischen Vorschläge würden nun erstmal debattiert. Allerdings herrscht Zeitdruck. Wenn es 2021 mit dem Euro-Budget losgehen soll, müsste es bereits in den anstehenden Haushaltsberatungen mit ausgehandelt werden.

DIE BANKENUNION

Das Projekt Bankenunion wurde 2012 gestartet und hat derzeit zwei Säulen: eine zentrale Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank und ein gemeinsamer Abwicklungsfonds für Banken in Schieflage. Damit soll verhindert werden, dass Steuerzahler bei Bankenpleiten haften müssen. Für den Abwicklungsfonds soll nun ein «Sicherheitsnetz» geschaffen werden, im Fachjargon «backstop» genannt. Das soll helfen, dass der Abwicklungsfonds auch bei großen Bankenpleiten nicht überfordert ist. Dass es so etwas geben soll, ist bereits seit 2013 Beschlusslage. Neu ist jetzt eine Einigung, dass dieses «Sicherheitsnetz» beim Eurorettungsschirm ESM aufgespannt werden soll, und zwar in Form von Krediten. Vorher sollen aber noch Risiken bei den Banken abgebaut werden. Wenn das gut vorangeht, könnte der «backstop» schon vor 2024 voll funktionstüchtig sein. Ein noch viel dickeres Brett ist die Schaffung eines gemeinsamen Sicherungssystems für Sparguthaben, genannt Edis. Es soll verhindern, dass Anleger im Krisenfall in einem Land aus Angst um ihr Erspartes massenhaft Geld abheben. Deutsche Banken fürchten aber, für ausländische Geldinstitute in Schieflage haften zu müssen. Auch hier sollen zunächst Risiken bei einzelnen Banken reduziert werden, vor allem der Bestand an faulen Krediten. Das Projekt bewegt sich deshalb im Schneckentempo: «Die Eurogruppe wird gebeten, an einem Fahrplan mit Blick auf den Beginn politischer Verhandlungen» für Edis zu arbeiten, heißt es im Entwurf der Gipfelbeschlüsse.

VOM ESM ZUM EWF

Für den Ausbau des Euro-Rettungsschirms ESM zu einem Europäischen Währungsfonds gibt es in Europa grundsätzlich breite Zustimmung. Merkel bekräftigte in ihrer Regierungserklärung auch dieses Ziel. Der Teufel liegt im Detail. Derzeit wird der ESM von den 19 Euro-Staaten finanziert und kontrolliert. Er kann gegen strenge Spar- und Reformauflagen langfristige Kredite an pleitebedrohte Staaten vergeben, wenn die Stabilität der Eurozone in Gefahr ist. Merkel hat vorgeschlagen, dass ein künftiger EWF kurzfristiger und frühzeitiger helfen soll. Außerdem will sie, dass der EWF die wirtschaftliche Lage der Staaten aus eigener Kompetenz beurteilt. Da gibt es Kompetenzgerangel mit der EU-Kommission. In Summe herrscht noch einiger Klärungsbedarf. In der Gipfelerklärung heißt es, die Rolle des ESM bei Gestaltung und Kontrolle von Unterstützungsprogrammen solle gestärkt werden. Die Eurogruppe wird gebeten, bis Dezember Einzelheiten zur Entwicklung der Institution auszuarbeiten.

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Der Europäische Stabilitätsmechanismus - Ausleihvolumen und Anteil der Länder am Stammkapital

 

Von Verena Schmitt-Roschmann und Alkimos Sartoros

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