Am Montag muss die britische Premierministerin Theresa May dem Parlament in London eine Erklärung über einen «Plan B» für das abgelehnte Brexit-Abkommen vorlegen. Doch dass die Regierung dabei einen konkreten Vorschlag macht, wie der Deal eine Mehrheit im Parlament bekommen könnte, ist nicht zu erwarten. Im besten Fall ist mit einem Fahrplan für die Konsensfindung zu rechnen. Am Ende dieses Prozesses müssten dann möglicherweise Nachverhandlungen mit Brüssel stehen. Erst dann könnte erneut über den Deal abgestimmt werden.

Was hat Premierministerin May vor?

Offiziell will May mit der Opposition und Rebellen in der eigenen Partei bei Gesprächen einen Konsens suchen. Doch es gibt Zweifel daran, ob sie das wirklich ernst meint. Oppositionschef Jeremy Corbyn von der Labour-Partei will erst gar nicht daran teilnehmen, solange May einen Brexit ohne Abkommen nicht vom Tisch nimmt.

Bislang sieht es nicht danach aus, als würde May von ihren roten Linien abweichen. Nur die Brexit-Hardliner in der Tory-Partei zeigten sich zufrieden mit den Gesprächen - sie wünschen nichts sehnlicher herbei als einen chaotischen EU-Austritt. Eine Mehrheit der Abgeordneten will dagegen den «No Deal» unbedingt verhindern. Beobachter glauben deshalb, dass May noch immer auf Zeit spielt und hofft, dass ausreichend Abgeordnete ihrem Deal doch noch zustimmen werden, wenn das Land nur nahe genug an den Abgrund rückt und sich keine der vorgelegten Alternativen als mehrheitsfähig erwiesen hat.

Was passiert als Nächstes?

Am 29. Januar soll im Unterhaus über den Fahrplan debattiert und abgestimmt werden. Die Abgeordneten haben dabei die Möglichkeit, die Beschlussvorlage abzuändern. Herauskommen könnte dem Politikwissenschaftler Jack Simson Caird von der Denkfabrik Bingham Centre zufolge, dass das Parlament im Februar über eine ganze Reihe verschiedener Optionen abstimmt, um herauszufiltern, welche Änderungen oder Alternativen für das Brexit-Abkommen mehrheitsfähig sind.

Was sind die Optionen, die Großbritannien bleiben?

Ein großer Teil der Opposition wünscht sich eine engere Anbindung an die EU als bisher vorgesehen. Die Mitgliedschaft in der Europäischen Zollunion und möglicherweise auch im Binnenmarkt dürfte daher auf den Tisch kommen.

Forderungen nach Nachverhandlungen mit Brüssel über die als Backstop bekannte Garantie für eine offene Grenze zwischen Irland und Nordirland dürften ebenfalls aufkommen. Die Brexit-Hardliner in Mays Konservativer Partei und auch die nordirische DUP, von der ihre Minderheitsregierung abhängt, verlangen, dass der Backstop aus dem Abkommen entfernt wird oder zumindest eine einseitiges Kündigungsrecht für London vereinbart wird.

Auch die Idee, die Entscheidung über den Brexit-Deal dem Volk vorzulegen, hat ihre Anhänger im Unterhaus. Für ein zweites Referendum wäre aber eine Verschiebung des Austrittsdatums am 29. März notwendig.

Könnte das Parlament einen Brexit ohne Abkommen ausschließen?

Das Parlament kann ein «No Deal»-Szenario nur verhindern, indem es sich auf eine Alternative dazu einigt. Das Austrittsdatum 29. März ist im EU-Austrittsgesetz festgeschrieben, es bräuchte also zudem eine Gesetzesänderung, um ein unbeabsichtigtes Herausschlittern aus der EU zu vermeiden.

Bislang sieht es nicht danach aus, als würde es eine Mehrheit für irgendeinen alternativen Plan geben. Daher spricht vieles dafür, dass Großbritannien den Austritt noch einmal verschieben muss, um Zeit zu gewinnen. Dafür wäre aber die Kooperation der Regierung notwendig. Sollte sich herausstellen, dass May tatsächlich auf Zeit spielt, gäbe es auch die Möglichkeit, dass das Parlament die Kontrolle über den Prozess an sich reißt. Pläne dazu gibt es bereits.

Was erwartet die EU jetzt und was könnte sie anbieten?

Die EU hält sich sehr zurück und beteuert öffentlich nur immer wieder, es sei an Großbritannien, einen Lösungsvorschlag zu machen. Hinter den Kulissen brüten aber auch in Brüssel alle über einen Ausweg aus Sackgasse. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker telefonierte nach offiziellen Angaben diese Woche mit fast allen europäischen Hauptstädten und am Freitag schließlich auch mit Premierministerin May. Wenn die beiden irgendeinen Fortschritt machten, dann drang davon zumindest nichts nach außen.

Die gängige diplomatische Sprachregelung ist nun: Sobald es einen im britischen Unterhaus konsensfähigen Vorschlag gibt, wird sich die EU damit befassen. Eine Verlängerung der zweijährigen Austrittsfrist über den 29. März hinaus wird nicht ausgeschlossen, ebenso wenig wie neue Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zu Großbritannien, wenn London zum Beispiel doch eine Zollunion will.

Von Christoph Meyer und Verena Schmitt-Roschmann

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