Berlin/Paris - Vor dem Kanzleramt jubeln hunderte Menschen, sie haben die Flaggen von Deutschland und Frankreich zusammengeknotet. Die Botschaft an die dienstalte Kanzlerin und den jungen Präsidenten: Die beiden Länder, einst Kriegsfeinde und dann Vertraute, sind unzertrennlich, mögen Populisten das alles noch so beschädigen wollen. «Im Namen der Freundschaft» rufen sie, als Emmanuel Macron vorbeifährt. Selten zuvor gab es so viele begeisterte Zaungäste, als ein ausländischer Gast zu Angela Merkel fuhr. Am ehesten noch beim früheren US-Präsidenten Barack Obama. «Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne», zitiert Merkel dann Hermann Hesse. Die Erwartungen sind hoch.

Marcon macht seinen allerersten Antrittsbesuch im Ausland bei Merkel. Ein Zeichen, dass er sie als seine stärkste Partnerin in Europa sieht - und braucht. Ja, er wolle, dass das deutsch-französische Verhältnis wieder so historisch werde wie unter Konrad Adenauer und Charles de Gaulle oder Helmut Schmidt und Valéry Giscard d’Estaing, Helmut Kohl und François Mitterrand. Große Worte. Jetzt also Merkel und Macron.

«Botschaft der Wut» nicht vergessen

Merkel versichert, sie sei sich ihrer Verantwortung für die deutsch-französische Freundschaft sehr bewusst - «in seinem sehr kritischen Moment der EU». Sie meint das Erstarken von Rechtspopulisten. Sie ist froh, dass Macrons Wahlsieg ihr eine Auseinandersetzung mit der Rechtspopulistin und Europafeindin Marine Le Pen als Staatschefin erspart hat. Der sozialliberale Macron ist nach Jacques Chirac, Nicolas Sarkozy und François Hollande übrigens bereits der vierte französische Präsident in Merkels Amtszeit seit 2005.

Macron mahnt, er habe nicht die «Botschaft der Wut» bei der Wahl in Frankreich vergessen. Deswegen müsse es Reformen geben. «Ich habe eine schwere Aufgabe vor mir.» Nicht auszudenken, wenn der Europafreund Macron scheitern würde. Dann wäre Le Pen schnell obenauf, lautet die Befürchtung in Berlin.

Eurozone soll krisenfester werden

Zuvor hatte Macron - jüngster französischer Präsident aller Zeiten - noch schnell den Bürgermeister der Hafenmetropole Le Havre, Edouard Philippe, zum neuen Premierminister ernannt. Dieser betonte gleich, er sei ein Mann der politischen Rechten. Macron verteidigt seine Entscheidung als gebotene politische Vielfalt.

Um neue Dynamik auszulösen, wird schon für Juli ein Treffen der deutschen und der französischen Minister angesetzt. Die Eurozone soll krisenfester gemacht werden. Für viele Menschen gehe alles zu langsam, sagt Merkel. Sie wolle sich auch einer Änderung der europäischen Verträge nicht verschließen. Wenn sich die ganze Welt ändere, könne Europa nicht unbeirrt an alten Verträgen festhalten. Und Macron weist zurück, dass er Eurobonds will - die Vergemeinschaftung von Schulden - ein Reizthema für Deutschland. Zum Auftakt Harmonie.

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Sie wollen Europa neuen Schwung geben: Frankreichs neuer Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Macron sagt über die jubelnden Bürger draußen: Für mich ist das sehr bewegend. Das sei ein Zeichen für Europa und es sei wichtig, diesen Enthusiasmus zurückzugeben. Merkel habe übrigens die gleiche Pflicht und Verantwortung.

Dem Mitte-Links-Politiker Macron war im äußerst harten Wahlkampf von Le Pen vorgeworfen worden, eine Art Pudel der Deutschen zu sein. «Frankreich wird auf jeden Fall von einer Frau geführt werden», meinte die Front-National-Anführerin vor der Stichwahl. «Das werde entweder ich sein oder Frau Merkel.»

Zauber hält nur, wenn Resultate folgen

Zusammenarbeit ja, Unterwerfung nein, so und ähnlich lautet aber Macrons Motto. Macron an der Macht - das sorgt in Teilen der deutschen Politik auch für Unruhe. Seine Pläne für den Umbau der Eurozone sind weitreichend. Einen eigenen Haushalt und einen Finanzminister sollte es seiner Ansicht nach auf mittlere Sicht geben. Merkel signalisiert, sie wolle mit einem Investitionsprogramm auf Macron zugehen und über weitere Maßnahmen zur Stärkung der Eurozone reden. Sie denke schon seit 2013 über ein Budget in der Eurozone nach, mit dem reformfreudigen Ländern geholfen werden solle.

Paris ist in der Reformdebatte aber klar, dass erst einmal geliefert werden muss. Zunächst soll versucht werden, die Bücher in Frankreich in Ordnung zu bringen. Macron sagt noch, sein Wunsch sei, dass er in Deutschland noch bejubelt werde, wenn er in fünf Jahren in Berlin sei. Und Merkel sagt zum Zauber eines jeden Anfangs, ein solcher Zauber halte nur, «wenn auch Resultate kommen». Sie wolle wie Macron, dass die Menschen froh und optimistisch in die Zukunft blicken können. Darin wolle sie Macron unterstützen. Sie sagt: «Auf allerbeste Zusammenarbeit.»

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