Frankfurt/Main (dpa) - Während Pharmakonzerne weltweit unter Hochdruck an Corona-Impfstoffen forschen, ist auch das finanzielle Rennen um das begehrte Mittel in vollem Gang: Staaten kaufen Hunderte Millionen Impfstoffdosen, um ihre Versorgung zu sichern, sobald ein Impfstoff zugelassen ist.

In Europa stimmen sich Länder ab: Nach Vorverhandlungen einer Impfstoffallianz mit Deutschland, Italien, Frankreich und den Niederlanden finalisierte die EU-Kommission jüngst den Kauf von 300 Millionen Dosen bei AstraZeneca. Das deutsche Gesundheitsministerium etwa hat sich 54 Millionen Dosen des Impfstoffs gesichert, hieß es aus Regierungskreisen.

Rund 170 Impfstoffprojekte laufen laut Weltgesundheitsorganisation, doch nur gut eine Handvoll Firmen befinden sich mit ihren Forschungen in Phase-III-Studien, der letzten Stufe vor einer möglichen Zulassung. Darin muss sich zeigen, ob die Mittel wirklich vor einer Infektion schützen. Weit fortgeschritten sind das US-Unternehmen Moderna, die britisch-schwedische AstraZeneca und die Mainzer Firma Biontech. Mit dem US-Kooperationspartner Pfizer will Biontech bei positiven Ergebnissen schon im Oktober einen Zulassungsantrag für seinen Corona-Impfstoff stellen. Noch aber sind die Projekte mit viel Unsicherheit behaftet. «Lackmustest sind die Phase-III-Studien», sagt Siegfried Throm, Geschäftsführer Forschung beim Pharmaverband vfa.

Hunderte Millionen Impfdosen für Europa

Der Bedarf in der EU ist groß: Benötigt werden geschätzt 300 bis 600 Millionen Impfdosen - je nachdem, ob das künftige Mittel ein- oder zweimal verabreicht werden muss. Die Kommission sicherte sich daher auch bis zu 405 Millionen Dosen eines Corona-Impfstoffs der Tübinger Biotechfirma Curevac und schloss weitere Vorgespräche mit Sanofi/GSK, dem US-Konzern Johnson & Johnson und Moderna ab.

Im Erfolgsfall sollen alle EU-Staaten profitieren. Die Kommission greift zur Finanzierung auf ein Corona-Soforthilfeinstrument mit 2,7 Milliarden Euro Volumen zurück. «Wir investieren in Unternehmen, die auf unterschiedliche Technologien setzen, um unsere Chancen auf Impfstoffe zu erhöhen, die sicher und wirksam sind», erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Tatsächlich ist es Strategie der Staaten, mehrere Verträge zu schließen - das erhöht die Wahrscheinlichkeit für die Länder, einen Treffer zu landen.

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Corona-Risikogebiete in Europa

Kein Land investiert so viel wie die USA: Sie gaben unter anderem AstraZeneca eine milliardenschwere Finanzspritze, stellten den Konkurrenten Sanofi und GlaxoSmithKline (GSK) bis zu 2,1 Milliarden Dollar zur Corona-Forschung bereit und orderten beim Duo Biontech/Pfizer für fast zwei Milliarden Dollar Impfstoffdosen - Nachkaufrecht inklusive. Auch Großbritannien und Japan schlossen Verträge für Hunderte Millionen Impfstoffdosen.

Hoher Verdienst, hohes Risiko

Für Pharmakonzerne geht es bei den Corona-Impfstoffen um viel Geld, wie der Vertrag von Biontech zeigt. Die USA zahlen für 100 Millionen Einheiten 1,95 Milliarden Dollar, also knapp 20 Dollar je Dose. Die Spanne der Preise in ähnlichen Verträgen geht aber weit auseinander. An der Börse ist die Hoffnung auf lukrative Geschäfte schon groß.

Zugleich nehmen die Unternehmen viele Risiken in Kauf. Die Entwicklung kostet Hunderte Millionen Euro, schätzte Olaf Tölke, Pharmaexperte bei der Rating-Agentur Scope. «Die Firmen tragen das Risiko, im Rennen mit der Konkurrenz zu spät zu kommen.» Parallel zur Impfstoff-Forschung müssen Firmen ihre Produktion ausbauen, damit im Fall einer Zulassung keine Zeit verloren geht.

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